Präsident Delfino Roman
HWK
Präsident Delfino Roman

Die Reise geht weiter!

Das Jahr 2015 darf durchaus als Jahr der Krisen bezeichnet werden. Zum ersten Mal seit vielen Jahren wurde der europäische Gedanke auf den Prüfstand gestellt und an der Frage gemessen, was dieses Bündnis eigentlich im Kern zusammen hält.

Bereits die Griechenland-Krise hat bewiesen, dass es vor allem die wirtschaftlichen Beziehungen sind, die unseren europäischen Frieden und unseren persönlichen Wohlstand sichern. Doch was können wirtschaftliche Beziehungen bedeuten, wenn eine der wichtigsten Fragen außer Acht gelassen wird – die Frage nach Humanität.

Die schrecklichen Erfahrungen mit der barbarischen und grausamen Verletzung von Humanität vor, während und nach dem zweiten Weltkrieg haben den Menschen eindringlich vor Augen geführt, wenn Humanität verletzt wird. Die Weltgemeinschaft hat in ihrer Charta von 1945 und in ihrer Menschenrechtserklärung von 1948 auf die Verletzungen reagiert. Sie hat Humanität in der Weise zu einer verbindlichen Überzeugung gemacht, dass sie sich ausdrücklich zur Menschenwürde als Fundament unveräußerlicher Menschenrechte und einer humanen Weltgemeinschaft bekannt hat und bis heute nicht daran gerüttelt hat. So lautet der Artikel 1 der Menschenrechtserklärung der Vereinten Nationen: „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Geschwisterlichkeit begegnen.“

Sei es die Flüchtlingsthematik, die Griechenland-Krise oder die Attentate von Paris – Europa wird sicherlich nicht an der Euro-Frage zerbrechen, sondern an der Frage, wieviel Menschlichkeit wir uns im Angesicht nationalen Wohlstands leisten wollen.

Wenn ich auf das zurückliegende Jahr blicke, dann sehe ich viele große Momente, die mein Leben bereichert haben. Ich lasse das Jahr Revue passieren und nehme mir Zeit für all die Fragen, die mich unterjährig begleiten, auf die ich jedoch in der Hektik des Alltags oft keine Antworten finde. In Anbetracht der vielen besorgniserregenden Ereignisse und Botschaften in diesem Jahr, frage ich mich, was die Zukunft wohl bringen mag?

In den Augen anderer stehen wir als Betriebsinhaber nicht selten in einer besonderen gesellschaftlichen Verantwortung und häufig sind wir für andere die Verkörperung von Erfolg und Reichtum. Oft vergessen die Menschen jedoch, dass Erfolge in der Geschäftswelt auch ihren Preis haben.

Ich möchte Sie liebe Handwerkerinnen und Handwerker auch im kommenden Jahr mit auf die Reise nehmen und die Herausforderungen, die das Jahr 2015 an das Handwerk gestellt hat, anzunehmen. Sie alle wissen, dass Religion und Handwerk dicht beieinander stehen. „Gott schütze das ehrbare Handwerk“ ist kein seltener Segensgruß, doch Gott hat uns ebenso Eigenschaften wie Gefühle für das Leben mit auf den Weg gegeben. Humanität selbst ist kein Gefühl, aber ich hoffe, dass uns unsere Gefühle zur Beantwortung humanitärer Fragen noch nicht abhandengekommen sind. Es darf nicht die Illusion bestehen, dass das was in der Welt passiert nicht auch am Ende uns treffen könnte.