Global gedacht, lokal gemacht: „Souza Elektrotechnik“ aus Hildesheim
Der Hildesheimer Handwerksbetrieb bringt Wissen, Erfahrung und Motivation aus der ganzen Welt zusammen – und wirbt für die Veranstaltung „Talent trifft Handwerk“, damit Handwerk und Zugewanderte sich besser vernetzen können.
Als Raoni Souza im Jahr 2010 aus Brasilien nach Deutschland kam, arbeitete er zunächst in einer Matratzenfabrik in Hannover. Die Sprache verstand er kaum. „Die ersten Jahre waren hart. Ich musste Deutsch lernen – und mich selbst neu finden. Und ich wollte etwas aus meinem Leben machen“, sagt er heute.
Der Wendepunkt kam zufällig, als er einen Elektriker in Hannover auf der Straße ansprach, der gerade einen Automaten reparierte: „Was verdienst du so?“ Aus einer spontanen Frage wurde ein Lebensweg. Souza begann Sprachkurse, schrieb über 100 Bewerbungen – ohne Antwort. Erst durch ein Praktikum erhielt er seine Chance. Er wurde Auszubildender, später Geselle. Für seinen Chef gründete er eine zweite Betriebsstätte und leitete die Geschicke vor Ort. 2023 gründete er schließlich seinen eigenen Elektrobetrieb in Hildesheim. Heute beschäftigt er drei Mitarbeiter und zwei Auszubildende aus unterschiedlichen Nationen – Angola, Brasilien, Syrien und den USA. Souza selbst arbeitet nebenbei außerdem an seinem Meistertitel.
Einer dieser Auszubildenden ist Alex Corvaia. 27 Jahre alt, geboren in Florida, Wurzeln in Venezuela. Mit seiner Familie zog er 2023 nach Deutschland. „Ich wollte meinen Kindern ein Leben mit guter Perspektive ermöglichen“, sagt er. Auch er besuchte Sprachkurse – und stand vor der Frage: Wie finde ich einen Betrieb, der mir eine Chance gibt? Die Antwort lag in einer Begegnung. Beide trafen sich auf der Praktikumsbörse „Talent trifft Handwerk“, die von der Handwerkskammer und der Initiative „Hi Zukunft“ der Wirtschaftsförderung der Stadt Hildesheim ins Leben gerufen wurde. Eine Veranstaltung, bei der keine Mappen gezählt werden – sondern Menschen.
Für Malte Diercks, Projektkoordinator des Integrationsprojekts IFHa bei der Handwerkskammer Hildesheim-Süniedersachsen, sind Geschichten wie diese der beste Beweis: „Wer Menschen eine Chance gibt, gewinnt nicht nur Fachkräfte, sondern Loyalität und neue Perspektiven im Team.“ Viele Zugewanderte brächten Lebenserfahrung, Motivation und Durchhaltevermögen mit – Eigenschaften, die im Handwerk oft wichtiger seien als Perfektion im Deutschen. „Aber sie müssen gesehen werden.“ Die Praktikumsbörse bietet genau diesen Raum. Im offenen und unkomplizierten Rahmen steht vor allem die lockere Atmosphäre im Fokus - fernab von formellen Erwartungen. Es dürfen Fragen gestellt, Interessen ausprobiert und Kontakte geknüpft werden. So wird aus einem kurzen Gespräch schnell eine echte Chance – für ein Praktikum, eine Ausbildung oder sogar einen direkten Einstieg in den Beruf. Souza sagt: „Ich habe in Alex meinen eigenen Weg gesehen. Wenn jemand bereit ist zu lernen, darf Sprache kein Hindernis sein. Ich hoffe, dass auch andere Betriebe diese tolle Möglichkeit zum Austausch wahrnehmen – auch um anderen Menschen eine Zukunft zu ermöglichen.“