Imad Scheich Saadun in seinem Element: Ansprechende und individuelle Dekortechniken.
HWK
Imad Scheich Saadun in seinem Element: Ansprechende und individuelle Dekortechniken.

Erfolgsgeschichten IHAFA

Flüchtlinge in Ausbildung?
Die Integration geflüchteter Menschen in den Arbeitsmarkt ist seit 2016 oberstes Ziel vieler ins Leben gerufener Projekte, die sich im Zuge der Flüchtlingswelle Großes vorgenommen haben. Großes im Sinne von Vermittlungsquoten, der Hoffnung, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken und durch die Einwanderung junger Menschen den demografischen Wandel in vielen Regionen einzudämmen. In der ersten Jahreshälfte 2017 wich die anfängliche Euphorie der Medien, Parteien und Wirtschaftsverbände einer eher nüchternen Draufsicht: Länder wie Afghanistan gelten nun als sichere Herkunftsländer (eine Abschiebung Geflüchteter ist seither möglich), der Spracherwerb läuft nicht so schnell wie erhofft und verhindert die zügige Überführung in eine handwerkliche Ausbildung. Man könnte dieser verebbenden Euphorie ein Eingeständnis unterstellen, das mit der Erkenntnis einhergeht, dass Integration und insbesondere berufliche Integration schlichtweg mehr Zeit braucht und dass viele politische Akteure in der „Wir-schaffen-das-Euphorie“ in zu kurzer Zeit zu hohe Vermittlungszahlen im Visier hatten. Bedauerlich ist, dass dieses pessimistische Bild den Blick trübt für die vielen kleinen Erfolgsgeschichten, die Flüchtlingsprojekte wie IHAFA (Integrationsprojekt Handwerkliche Ausbildung für Flüchtlinge und Asylbewerber) seither vermelden können.

Ein Scheich im Malerhandwerk
Vor vier Jahren und acht Monaten, erinnert sich Imad Scheich Saadun, sei er nach Deutschland gekommen. Sein Weg führte ihn aus dem syrischen Damaskus über Bonn nach Sarstedt im Landkreis Hildesheim. In seiner Heimat habe er im ersten Semester Jura studiert, dann kam der Krieg und die Familie flüchtete. Seinen Ausbilder Ralf Richard, Betriebsinhaber von Farbgestalt, hat er beim Friseur kennengelernt. Für Richard war schnell klar, dass es beide mit einem Praktikum versuchen werden. Nach zwei Wochen wurde dieses in ein richtiges Ausbildungsverhältnis überführt. Den Berufsabschluss zum Bauten- und Objektbeschichter, eine zweijährige Berufsausbildung im Handwerk, hat er bereits erworben. Nach erfolgreich bestandener Gesellenprüfung im kommenden Jahr darf sich Scheich Saadun Maler und Lackierer nennen. „Für mich sind Menschen mit Biografien und echten Geschichten interessanter“, sagt Richard, der in puncto Integration und Inklusion in der Ausbildung schon immer sehr aktiv war und junge Menschen erfolgreich bis zum Gesellenabschluss begleitet hat. „Er zeigt das Maximum an Zuverlässigkeit. Nur was die Sprache betrifft, darf er gern noch einen weiteren Kurs belegen“, findet Richard. Wie der vollständige Name vermuten lässt, kommt Scheich Saadun aus einer besonderen Familie. Für viele Menschen in Syrien stellen Scheichs qua Geburt wichtige religiöse Autoritäten als spirituelle Heiler dar. Mit seiner neuen Aufgabe ist der 26-jährige Syrer sehr zufrieden. „Es ist die gute Zusammenarbeit mit den Kollegen und das abwechslungsreiche und sehr individuelle Angebot des Betriebs“, berichtet Saadun. Aktuell geht es bei den Aufträgen standesgemäß königlich zu: Die Firma entwickelt eine einzigartige Wand-Oberfläche für ein deutsches Adelshaus. Saduun soll nach seiner Ausbildung eine Anstellung als Geselle erhalten.

IHAFA – so geht es weiter
Das vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr im Rahmen der Fachkräfteinitiative finanzierte Projekt IHAFA wird von allen sechs niedersächsischen Handwerkskammern durchgeführt. Die Koordination des Projekts liegt seit November 2015 bei Henning Strieben von der Handwerkskammer Hildesheim- Südniedersachsen. Seit Projektstart haben er und zwei IHAFA-Berater im Kammerbezirk über 60 Auszubildende in eine handwerkliche Ausbildung vermittelt. Die Zahlen für ganz Niedersachsen werden im September 2017 vorgestellt. Im August 2016 wurde das Projekt bis Januar 2019 um zwei Jahre verlängert. Dazu Henning Strieben: „Die Integration von jungen Geflüchteten ist ein langfristiger Prozess, der sich nicht nur auf reine Beratung beschränkt sondern eine langfristige Begleitung von Geflüchteten und Handwerksbetrieb sinnvoll macht. 2016 gab es kaum neue Geflüchtete mit Sprachkenntnissen, die für eine Ausbildung ausreichend waren. Dies ändert sich aktuell, zunehmend treffen unsere Berater auf Menschen, mit denen sie sich auf Deutsch gut unterhalten können. Wir würden es begrüßen, wenn die Unterscheidung nach Herkunftsländern und Status reduziert würde. Die Handwerkskammer unterstützt alle Betriebe tatkräftig bei bürokratischen Hürden wie der Beantragung von Arbeitserlaubnissen und in Personalauswahlprozessen.“

Einen weiteren Einblick in das IHAFA-Projekt können Sie im Videoclip von Hallo Niedersachsen sehen.

Mechthild Schulz-Fleißner

IFHa-Beraterin

Braunschweiger Straße 53

31134 Hildesheim

Tel. 05121 162-206

mechthild.schulz-fleissner--at--hwk-hildesheim.de

Malte Diercks

Projektkoordinator IFHa

Braunschweiger Straße 53

31134 Hildesheim

Tel. 05121 162-170

malte.diercks--at--hwk-hildesheim.de