Erfahrung zahlt sich aus: Wer wie Elektroinstallateurmeister Bertram seit mehr als 20 Jahren für das Ehrenamt kämpft, weiß wovon er spricht.
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Erfahrung zahlt sich aus: Wer wie Elektroinstallateurmeister Bertram seit mehr als 20 Jahren für das Ehrenamt kämpft, weiß wovon er spricht.

Kreishandwerksmeister Bertram möchte Holzminden anschlussfähig machen: der Nachwuchs braucht attraktive Perspektiven, die Betriebe ein analoges, gut ausgebuates Verkehrsnetz sowie digitale Hochgeschwindigkeiten. 100 Tage im Amt...

Karl-Heinz Bertram ist seit 18. Dezember 2018 Kreishandwerksmeister der Kreishandwerkerschaft Holzminden und damit der ehrenamtliche Repräsentant für elf Handwerksinnungen und ihre Mitglieder. Welche Schwerpunkte er für seine aktuelle und künftige Arbeit setzt und vor welchen Herausforderungen die Region Holzminden steht, lesen Sie im Interview:

Herr Bertram, Sie sind seit etwas mehr als 100 Tagen im Amt des Kreishandwerksmeisters. Ein unbeschriebenes Blatt im Ehrenamt sind Sie aber keineswegs. Was macht Sie zu einem guten Kreishandwerksmeister?
Ich bin seit vielen Jahren im Ehrenamt tätig. Angefangen habe ich vor über 20 Jahren als Obermeister in der Innung. Gerade habe ich mein Amt als Landesinnungsmeister nach 17 Jahren zu Gunsten meiner neuen Tätigkeit als Kreishandwerksmeister in Holzminden niedergelegt. Auch auf europäischer Ebene habe ich viel Erfahrung in der Interessenvertretung. Bis heute bin ich Vizepräsident des Zentralverbandes der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke (ZVEH). Hier ist viel diplomatisches Geschick gefragt, das man natürlich an dieser Stelle zwangsläufig entwickelt. Im Vorstand der Kreishandwerkerschaft bin ich auch bereits seit vielen Jahren. Das Schöne ist aber, egal wie lange ich egal welches Ehrenamt, ob im Großen oder Kleinen, regional oder international, ausgeübt habe, mir ist bei meiner Arbeit doch immer wieder mal ein Schweißtropfen den Rücken heruntergelaufen, weil mir das Ehrenamt einfach am Herzen liegt. Weil es immer um etwas geht, das die Menschen berührt. Da ich gebürtig aus Bevern stamme, bin ich der Region immer verbunden geblieben.   

Vor welchen Herausforderungen stehen Ihrer Meinung nach die Handwerksbetriebe in der Region Holzminden?
Zunächst muss man wissen, dass der Landkreis Holzminden durch seine besondere geografische Lage (mit der Weser als natürlicher Landesgrenze zu NRW und mehreren Gebirgszügen) sowohl in dieser Hinsicht als auch politisch besonders ist. Die wohl größte Herausforderung liegt im Bereich der Infrastruktur. Damit meine ich zunächst die Verkehrswege, die für die Anbindung der Region wichtig sind. Denken wir dabei zum Beispiel an die bis heute voll gesperrte B83 im Bereich von Steinmühle, die seit Mitte 2018 besteht. So notwendig sie aus Sicherheitsgründen sein mag, für die Betriebe bringt sie Probleme mit sich. Mitarbeiter und Zulieferer haben verlängerte Anfahrtswege, besonders Pendler aus NRW trifft das besonders hart. Damals gab es große Empörung. Ich sehe meine Aufgabe darin, bei solchen existentiell empfundenen Problemen zu vermitteln. Von der Politik fordern wir als Interessenvertreter eine möglichst schnelle und praktikable Lösung finden und die Betriebe animiere ich dazu, besonnen zu bleiben und lösungsorientiert zu handeln. Hysterie hilft hier niemandem weiter.
Die andere infrastrukturelle Hürde ist die Breitbandversorgung in der Region. Wohngebiete erhalten selbstverständlich Glasfaserleitungen und in den Gewerbegebieten werden die dringend benötigten Übertragungsraten schlichtweg nicht erreicht. Für die Innovationskraft des Holzmindener Handwerks ist das unerlässlich. Hier setze ich mich dafür ein, dass Fachverbände, Kreishandwerkerschaft und Handwerkskammer gemeinsam an einem Strang ziehen, um die Landespolitik zum Handeln aufzufordern.

Wie wollen Sie neue Mitglieder für die Innungen im Einzugsgebiet der Kreishandwerkerschaft Holzminden gewinnen?
Die größte Herausforderung ist es, den Betrieben die Vorteile aufzuzeigen. Sie sind ja zahlreich vorhanden. Angefangen bei der Anwendung der branchenspezifischen Tarifverträge, der umfangreichen rechtlichen Beratung, der exklusiven und transparenten Weitergabe fachspezifischer, aktueller Informationen bis hin zu Rabatten durch die Teilhabe an Einkaufsgemeinschaften, die zum Teil erheblich sein können. Wer die Vorteile kennengelernt hat, wird sie künftig nicht missen wollen. Ich lade jeden, der sich von der Arbeit einer Innung überzeugen möchte, herzlich zu dazu ein, an einer Innungsversammlung teilzunehmen und sich so selbst ein Bild von ihrer Arbeit zu machen – sozusagen in einer Art „Schnuppermitgliedschaft“.

Das Thema Nachwuchs ist ein Dauerbrenner und wird es auch für eine lange Zeit bleiben. Was muss passieren, damit mehr junge Menschen eine handwerkliche Ausbildung beginnen?
Zunächst einmal ist Sichtbarkeit enorm wichtig. Wer ausbilden will, muss sich dort präsentieren, wo junge Menschen unterwegs und offen für das Thema sind. Das sind natürlich vorrangig die Schulen und Ausbildungsmessen. Mindestens genauso wichtig ist aber eine fundierte, vertrauensvolle Ausbildung, bei der die Förderung der angehenden Gesellen im Vordergrund steht. Dazu gehört auch die langfristige Planung und Besetzung von freien Ausbildungsplätzen. Für das Ausbildungsjahr 2019, das klassischerweise im August beginnt, sollten zu Beginn des Jahres idealerweise bereits die Bewerber ausgewählt sein. Frühzeitge Perspektiven für beide Seiten schaffen ist hier das Stichwort.