
Pflichtmitgliedschaft und hohe Beiträge bestimmen in diesen Tagen die Berichterstattung. Der Unmut rund um die zu hohen Beiträge in der Pflegekammer ruft Kritiker aller Kammern auf den Plan. Was ist dran an der verallgemeinerten Kammer-Kritik?Fairer Beitrag? Und ob!
Warum eigentlich Pflichtmitgliedschaft und Kammerbeitrag?
1. Der Beitrag ist zu hoch
Die Handwerkskammer Hildesheim-Südniedersachsen ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Sie vertritt rund 7.800 Betriebe der zulassungspflichtigen und zulassungsfreien Handwerke sowie die handwerksähnlichen Gewerke mit rund 44.000 Beschäftigten, davon ca. 3.500 Auszubildende. Der Unterschied zur neu errichteten Pflegekammer besteht darin, dass die Mitarbeiter keinen Beitrag entrichten müssen. Den Grundbeitrag zahlen nur die eingetragenen Betriebe. Er beträgt 240 Euro , der Zusatzbeitrag bei 1,33 Prozent vom Gewerbeertrag.
Am Ende steht allen das gleiche zum Teil kostenfreie Leistungs- und Serviceangebot der Kammer zur Verfügung (siehe Nummer 4).
2. Der Staat verdonnert mich zur Mitgliedschaft
Über die Zukunft des Südniedersächsischen Handwerks entscheiden keine Fremden, sondern Handwerker*innen selbst! Die Handwerkskammer, das sind die gewählten Mitglieder der Vollversammlung und somit Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Der Beitrag wird im Übrigen Jahr für Jahr von der Vollversammlung festgesetzt. Ihre Aufgaben kann die Handwerkskammer nur dann optimal und im notwendigen Umfang erfüllen, wenn die Mitgliedsbetriebe ihren Solidarbeitrag leisten.
Der Vergleich zur Krankenversicherung ist durchaus zutreffend: von den eingezahlten Beiträgen sieht der Versicherte unter Umständen lange Zeit nichts, aber irgendwann braucht er bei kleineren oder größeren Anliegen professionelle Unterstützung.
3. Meine Interessen werden nicht vertreten
Müsste jeder Handwerksbetrieb seine Wünsche und Forderung selbst gegenüber der Landes- und Bundespolitik oder den Behörden vorbringen, käme er wahrscheinlich nie zum Zuge. Ein starker Partner, der die gemeinsamen Interessen des Handwerks bündelt und diese an die entscheidenden Adressen bringt, kann viel erreichen. Genau hier setzt die Interessenvertretung der Handwerkskammern an.
Hier redet und entscheidet die Handwerkskammer mit: Abwendung von Dieselfahrverboten für das Handwerk, Diskussion um die Wiedereinführung der Meisterpflicht in den B1-Handwerken, Verteidigung der Meisterpflicht gegenüber den Aufweichungsversuchen der EU, Einführung der niedersächsischen Meisterprämie und 1.200 beratene Betriebe bei der 2018 eingeführten Datenschutzgrundverordnung (DSGVO).
Darüber hinaus schlichtet die Handwerkskammer bei Problemen zwischen Betrieben, Kunden und Ämtern und bietet für eine optimale Qualifikation ein breites Aus-, Fort- und Weiterbildungsprogramm in ihrem Berufsbildungszentrum an.
4. Die Mitgliedschaft bringt mir persönlich nichts
Mit dem Beitrag sorgt die Kammer dafür, Verbraucher vor „Schwarzen Schafen“ zu schützen. Sie schützt mit der Kontrolle von Schwarzarbeit und unlauteren Wettbewerb auch die Betriebe und die in ihnen tätigen Gesell*innen und Auszubildenden. Nur wer echte handwerkliche Qualifikation nachweisen kann, darf sich Handwerkerin oder Handwerker nennen.
Die Liste der Dienstleistungen für Betriebsinhaber*innen, Gesell*innen und Auszubildende ist beachtlich: betriebswirtschaftliche Beratung bei Übernahme/Übergabe und Existenzgründung, Unterstützung bei der Lehrstellenbesetzung, Innovationsberatung, Beratung bei Problemen in der Ausbildung, Unterstützung bei der Digitalisierung des Betriebes etc. Viele betriebswirtschaftliche Leistungen, wie z.B. die von der Abteilung Wirtschaftsförderung angebotene Erstellung eines Business-Plans, kann man auch von privaten Unternehmensberatungen in Anspruch nehmen – allerdings kostet es dann richtig viel Geld.
5. Die Arbeit der Kammer ist intransparent
Die Handwerkskammer veröffentlicht ihren kompletten Wirtschaftsplan auf ihrer Homepage. Auch die Vollversammlung der Kammer ist öffentlich, interessierte Handwerkerinnen und Handwerker sind herzlich willkommen. Die Handwerkskammer handelt nach dem Grundsatz der „Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit“. Die Handwerkskammer ist stetig dabei, auf allen Kanälen über ihr Tun, über Schwierigkeiten und über ihre finanzielle Lage offen und ehrlich zu berichten. Die Investitionen rund um die Modernisierung und den Neubau des Berufsbildungszentrums werden ebenfalls auf der Homepage und in der Presse veröffentlicht. Über den Neubau selbst können sich Interessenten in Echtzeit über eine Bau-Cam informieren.
6. Ich kann sowieso nicht mitreden
Ehrenamtliches Engagement, in der Vollversammlung, im Vorstand und den zahlreichen Prüfungsausschüssen, ist ausdrücklich erwünscht und für die wichtige Aufgabenerfüllung im Sinne des Handwerks dringend notwendig. Gesellen-, Meister- und Fortbildungsprüfungsausschüsse müssen alle fünf Jahre neu besetzt werden. Hier ist das Engagement von Arbeitgebern und Arbeitnehmern gefragt.